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Channel: Ronald J. Pohoryles » Wien-Wahlen 2010
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Wahlen in Wien: Kein Grund zur Freude, aber ein Arbeitsauftrag

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Es gibt nichts zu beschönigen: Das Wiener Wahlergebnis war eine herbe Enttäuschung. Die – ohnedies bescheidenen – Wahlziele des LIF wurden eindeutig verfehlt. Das ist aber dennoch kein Grund, die politische Arbeit einzustellen. Es gibt ausreichend Bürgerinnen und Bürger, denen eine liberale Stimme in Österreich fehlt. Eine international vergleichende Studie der ELDR in Ländern mit schwachen liberalen Parteien beweist dies. Es gilt, diese Menschen zu überzeugen und an das LIF heranzuführen; allerdings kontinuierlich, und nicht nur zu Wahlkampf-Zeiten.

Die Gründe für die Wahlniederlage am Sonntag sind vielfältig:

  • Hauptgrund ist wohl der völlige Mangel an finanziellen Mitteln. Trotz der Aktivitäten in den Bezirken konnten zahlreiche Menschen nicht erreicht werden, die sonst über die traditionellen Werbemittel (Annoncen, Plakatwände, etc.) informiert werden könnten. Noch bis zum Ende des Wahlkampfs wurden wir häufig erstaunt darauf angesprochen, dass wir überhaupt eine Kandidatur deponiert hatten. Viele haben vom Antreten des LIF überhaupt erst am Wahlzettel Kenntnis erhalten.
  • Der finanzielle Notstand hat natürlich auf bedeutet, dass niemand im LIF fürden Wahlkampf angestellt werden konnte. Sämtliche Liberale, die im Wahlkampf aktiv waren, haben dies freiwillig und ohne Entgelt getan. Berufliche Verpflichtungen hatten natürlich Vorrang.
  • Das weitgehende Verschweigen des LIF in den Medien hat sicher auch nicht geholfen; nur sporadisch kam die Spitzenkandidatin Angelika Mlinar zu Wort. Während das BZÖ – gleichfalls nicht im Gemeinderat vertreten, immer wieder Gelegenheit zur Selbstdarstellung bekommen hat, wurde das LIF kaum oder gar nicht erwähnt. Die Behandlung durch den ORF war überhaupt skandalös: Selbst die Veranstaltung mit Grigorij Yawlinsky war dem ORF keinen Bericht wert; KURIER und “Die Presse” haben darüber wenigsten ausführlich berichtet.
  • Das LIF ist in einem Prozess des organisatorischen Wiederaufbaus und der Neuorientierung; de facto gibt es keine nachhaltigen Strukturen. In letzter Zeit ist das LIF zwar bei mehreren Wahlen – erfolglos – angetreten, tritt aber nur sporadisch und zu knapp vor Wahlen auf.
  • Das führt natürlich dazu, dass die Kandidatinnen und Kandidaten relativ unbekannt sind. Kontinuität ist wichtig, sowohl personell als auch im Auftritt nach außen: Wohin wenden sich Liberale, die politisch aktiv oder zumindest informiert werden wollen? Und welche Aktivitäten setzt das LIF – außer knapp vor Wahlen?
  • Das führte auch dazu, dass das LIF thematisch dem inszenierten “Kampf um Wien”, den sich SPÖ und FPÖ lieferten, und dem Medienspektakel um die Grünen wenig entgegenzusetzen vermochte.

 

Interessant ist übrigens, dass das BZÖ, das sich mit ihrem Spitzenkandidaten als “liberal” zu etikettieren versuchte, zwar in Wien besser abschnitt als das LIF, in allen innerstädtischen Bezirken aber – und teils deutlich – schlechter, und dies trotz höheren Werbeaufwands und besserer Behandlung durch die Medien. Wo das BZÖ seinen höheren Stimmenanteil erhalten hatte, ist dessen Herkunft einfach zu erkennen: Es sind jene Wählerinnen und Wähler, die sich mit Westentaler & Co. von der FPÖ zum BZÖ abgewandert sind; sie kommen aus jenen Bezirken, wo auch die FPÖ am besten abgeschnitten hat.

 Woher aber der Arbeitsauftrag?

  • Zum einen hat das LIF historisch bewiesen, dass ein Potential an liberalen Wählerinnen und Wählern auch in Österreich vorhanden ist: Wahlerfolge bis ins letzte Jahrzehnt hinein beweisen, dass auch in Österreich ausreichend Potential vorhanden ist.
  • Diese liberale Wählerschaft muss von jenen Parteien, die von 1999 an liberale Stimmen “geerbt” haben, wieder zurückgewonnen werden muss. Die Wählerstromanalyse von den Nationalratswahlen 2008 hat gezeigt, dass die mehr als 100.000 Stimmen für das LIF zu jeweils einem Drittel von den Grünen, der ÖVP und der SPÖ (zurück) gekommen waren.
  • Eine Studie der ELDR in Zentraleuropa hat gezeigt, dass ein durchaus  relevanter Anteil der österreichischen Bürgerinnen und Bürger mit liberalen Werten übereinstimmt. Diese finden aber derzeit im politischen System keine Vertretung.
  • Immerhin sind die Liberalen in Europa – weit vor den Grünen – die drittstärkste politische Kraft.
  • Auch die Medien beklagen, dass in Österreich keine relevante liberale politische Kraft vorhanden ist. In Leitartikeln wird dies regelmäßig in Presse, KURIER und Standard beklagt. Zugleich ignorieren sie aber, und dies durchaus bewusst, das LIF, das genau jene Werte vertritt, die gerade diese Medien für sich reklamieren.

Was ist zu tun?

Es gilt, die Gunst der Stunde zu nutzen: Wenn man von den ÖH-Wahlen absieht, sind bis 2012 keine bundesweiten Wahlen zu schlagen.

Die Zeit ist zu nutzen, um…

  • …mit interessanten Veranstaltungen Liberale und Massenmedien anzusprechen. Hierzu gibt es Unterstützung von den europäischen Liberalen, der ELDR, und dem Think-Tank der Liberalen, dem European Liberal Forum. Als Plattform dafür eignet sich das Liberale Zukunftsforum, das heuer schon vier Veranstaltungen erfolgreich durchgeführt hat.
  • …kontinuierliche Pressearbeit und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Dazu müssen Themen erarbeitet werden und Persönlichkeiten von Liberalen verstärkt in den Vordergrund geschoben werden. Europa ist hier ein wichtiges Thema. Nur Kontinuität kann uns hier weiterbringen.
  • …den Aufbau von Strukturen voranzutreiben. Liberale Aktivisten sind in Österreich verstreut, es gibt kaum gemeinsame Aktivitäten oder gar Koordination. Natürlich muss man sich der Ressourcenknappheit bewusst werden; aber vieles kann auch ohne großen finanziellen Aufwand geleistet werden. Der Wahlkampf hat och in Wien einen Sympathisantenkreis entstehen lassen; man darf nicht den Fehler machen, auf Kontinuität zu verzichten.

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